Eskalierendes Commitment
Paradox, aus welchen Gründen Menschen an Misserfolgsstrategien festhalten
Dem Phänomen begegnen und erliegen wir selbst mehr oder minder oft im Alltag. Dies betrifft z.B. das Warten auf den verspäteten Bus oder den Aufzug, der trotz mehrmaligen Drückens auf den Knopf immer noch nicht da ist. Ohne das Warten auf diese Transportmittel hätte man seinen Ziert unter Umständen zu Fuß bereits erreicht.
Das Phänomen des eskalierenden Commitments kann definiert werden als das Festhalten an einer gewählten Entscheidungsoption, obwohl negatives Feedback die Qualität dieser Option und damit die Zielerreichung infrage stellt. Entscheidungsträger eskalieren also, wenn sie nach Erhalt negativen Feedbacks (wiederholt) weitere Ressourcen (z.B. Geld, Anstrengung, Zeit) in die Verfolgung von Zielen investieren, obwohl der Erfolg (Zielerreichung) zunehmend ungewiss ist.
Während zu Beginn noch ökonomische, rationale Überlegungen (z.B. die erwartete Rendite) im Vordergrund stehen, werden diese im weiteren Verlauf von anderen Motiven, wie etwa der Rationalisierung des Verhaltens, abgelöst (z.B. Selbstrechtfertigung); Entscheider fokussieren im Verlauf der Zeit verstärkt die Aufgabe selbst. Man spricht in diesem Fall von der sogenannten Tunnel-Vision.
Erklärungsansätze des eskalierenden Commitments
Als einer der prominentesten Ansätze zur Erklärung des eskalierenden Commitments gilt die Selbstrechtfertigungshypothese, die besagt, dass Entscheider trotz negativen Feedbacks an einer Entscheidungsoption festhalten bzw. weiterhin Ressourcen in diese investieren, um die bisherigen Entscheidungen zu rechtfertigen. Entscheider vermeiden dabei, sich eigene Fehler einzugestehen. Grundlage für die Selbstrechtfertigungshypothese bildet die Theorie der kognitiven Dissonanz (Festinger, 1957), nach der man versucht, einen Zustand der kognitiven Dissonanz, der als unangenehm empfunden wird, zu reduzieren bzw. zu vermeiden. = Sich alles zurecht reden.
Daneben finden sich noch zahlreiche weitere Determinanten des eskalierenden Commitments.
Beispielsweise weisen versunkene Kosten, bereits investierte Zeit, hohe Selbstwirksamkeit, Expertise sowie Gruppenkohäsion eine eskalationsförderliche Wirkung auf.
Eskalierendes Commitment: Eine irrationale menschliche Verhaltensweise?
Eskalation von Commitment wird oftmals als irrationale oder maladaptive Verhaltensweise betrachtet. Jedoch spricht nicht jedes negative Feedback dafür, einen Handlungsstrang sofort abzubrechen.
Einerseits kann das anfängliche Festhalten durchaus als rational gelten, wenn es dazu dient, erste Anlaufschwierigkeiten eines Projekts zu überwinden oder weitere Informationen zu sammeln und das negative Feedback als Lernmöglichkeit zu nutzen. Dies gilt ebenso für das Durchhalten während eines kurzfristigen negativen Trends. Zudem spricht es für Rationalität im Verhalten, wenn Entscheidungsträger in Eskalationssituationen verweilen und unterschiedliche Strategien entwickeln und ausprobieren, um bestimmte Ziele zu erreichen.
Mit dem vorhandenen Wissen über die Entstehung und den Prozess des eskalierenden Commitments kann eine Eskalation als solche ggf. (frühzeitig) erkannt werden. Um das eskalierende Commitment tatsächlich zu reduzieren und dessen negative Auswirkungen gering zu halten, bedarf es allerdings konkreter Deeskalationsstrategien. Unsere Business-Coaches unterstützen Dich gern. Kontaktiere uns für eine Terminvereinbarung.
Verfasser: Michael Ziegler, PD Dr. Roman Soucek, Prof. Dr. Klaus Moser
Quelle: Fachzeitschrift der BDP, 6/2020