Können die meisten nicht: Die Kunst des Zuhörens.
Sie sitzen in einem Meeting. Der Kollege hängt noch in der Nebensatzverschachtelung. Sie haben seine Nettonachricht doch eigentlich längst begriffen. Dieses eine Schlagwort hat sich Ihnen eingebrannt, und wenn Sie gleich dran sind, dann wissen Sie schon ganz genau, wie Sie sein Argument entkräften und Ihren eigenen Vorschlag inszenieren können. Wann schweigt er endlich?
45% unserer wach erlebten Zeit verbringen wir mit Zuhören, aber die wenigsten haben gute Techniken dafür. Im Fokus der meisten Kommunikationstrainings steht es, Steuerungsimpulse zu setzen. Das steigert die sog. ICH-Bezogenheit.
Wirtschafts- und Sozialpsychologe Rolf Bay hat in Studien beobachtet, dass die meisten sog. „abtastendes Zuhören“ durchführen: Was von dem, was der andere sagt, ist für mich besonders relevant, wo kann ich einhaken? Viele filtern also, was zu den eigenen Motiven oder ins eigene Weltbild passt und stufen den Rest als irrelevant ein. Beim Zuhören geht es allerdings ums Verstehen.
Einfach mal die Klappe halten
Kommunizieren ist nicht gleich reden. Im Gegenteil: Wer in Konferenzen und Mitarbeitergesprächen permanent sendet, verpasst das Wesentliche.
Wenn Menschen sich auf wirkliches aktives Zuhören einlassen, haben sie einen doppelten Effekt: mehr mitbekommen für sich und dem anderen das Gefühl von Wichtigkeit geben, so öffnet sich dieser mehr und gibt tiefere Einblicke zu seinen Themen.
Bsp: Jemand hat sich ein Bild gekauft. Der Ich-bezogene wird fragen: Wo hast du das her? Was hat das gekostet?. Er wendet eine Dominanztechnik an und treibt das Gespräch zu Informationen, die er für sich konkret verwerten kann. Von der Freude des anderen über das Bild bekommt er jedoch nichts mit. Ein aktiver Zuhörer wird sagen: Du klingst begeistert. Hört sich an, als hättest du dir einen großen Wunsch erfüllt!“ Er erfasst die Gesamtheit und nimmt die Stimmung auf. Das hat einen öffnenden Effekt, weil der andere sich verstanden und erst genommen fühlt.
Wenn ich dem anderen bis zum Schlusssatz aufmerksam lausche, bevor ich mir eine Reaktion überlege, bedeutet das: Kommunikation wird langsam, es entstehen Pausen. Die müssen wir erst einmal zu ertragen lernen. Wir haben sozial gelernt, dass andere nach drei bis fünf Sekunden auf eine Frage reagieren. Alles, was darüber hinausgeht, interpretieren wir bereits als Filmriss des anderen. Oder wir fühlen uns genötigt, unsere Frage umzuformulieren, weil wir fürchten, der andere habe sie nicht verstanden. Irritation entsteht so oder so.
Unser Zuhörverhalten beeinflussen sowohl Charakter als auch Position
Über diese hinwegzusehen fällt selbstbewussten Menschen mit einem gewissen Standing leichter. So wird sich der Praktikant eher gedrängt fühlen, schnell auf eine Frage zu reagieren, als der CEO. Studien zeigen, dass besonders aktive Menschen schlechtere Zuhörer sind und besonders hochrangige Menschen die meiste Redezeit beanspruchen.
Fakt ist aber auch: Hört die Führungskraft den Experten in ihrem Team nicht zu, wird sie selbst den größten Schaden haben. Deshalb ist aktives Zuhören nicht nur unter dem Aspekt der Wertschätzung, sondern auch unter dem der Wertschöpfung gewinnbringend.
Möchten Sie auch Ihre Kommunikation entschleunigen, den Umgang mit Ihrem Team verbessern und/oder Wertschätzung und -schöpfung steigern? Im Rahmen unserer Business- und Team-Coachings zeigen unsere professionellen Coaches den Weg, wie Sie anderen und Ihrem Team besser zuhören können. Für weitere Informationen und ein konkretes Angebot kontaktiere uns gern hier.
Verfasst: Csilla Fekete, Berlin, 02.06.2020
Quelle: @humanresources