Beziehungskrisen & deren Potential für Wachstum
Kleine wie große Beziehungsprobleme treten früher oder später in jeder Partnerschaft auf, selbst in der harmonischsten. Das ist völlig normal und nichts, wofür sich ein Paar schämen müsste. Schließlich besteht ein Paar aus zwei Individuen mit unterschiedlichen Charakteren, die eben auch mal aufeinanderprallen.
Wichtig ist es für Paare, die sich in einer Krise befinden, eine Sache zu begreifen: Die Kunst, eine glückliche Beziehung zu führen, besteht nicht darin, Streit zu vermeiden, Beziehungsprobleme zu verdrängen und Konflikten aus dem Weg zu gehen. Vielmehr besteht die Kunst darin, den Ursprung der Krise zu begreifen, um sie gemeinsam aus der Welt schaffen zu können. Ein Paar, das in einer Krise zusammenhält und dadurch die Beziehung rettet, wird sehr wahrscheinlich gestärkter aus jener Krise hervorgehen. Das Paar entwickelt sich dadurch & individuell weiter.
Die Realität von Beziehungskrisen
Je besser wir einen Menschen kennenlernen, umso besser lernen wir seine positiven, aber auch negativen Seiten mit all den kleineren und größeren Macken verstehen. Wir sind dann enttäuscht, wenn die große Verliebtheit abklingt, die Schmetterlinge träge werden und das aufgeregte Kribbeln nachlässt. Plötzlich streiten wir uns über Kleinigkeiten anstatt unsere Zweisamkeit zu genießen. Dabei beginnt genau genommen erst jetzt die eigentliche Beziehung.
Haben sich Probleme manifestiert und zu negativen Mustern entwickelt, spricht man von einer Beziehungskrise. Nicht selten entsteht eine solche Krise aus der Belastungsprobe nach der ersten Verliebtheit. Wir sind enttäuscht, weil sich unsere hohen Erwartungen nicht erfüllt haben. Dazu kommen dann Alltagsprobleme, die das Fass schnell zum Überlaufen bringen, sodass aus häufigen kleinen Streitigkeiten die erste waschechte Beziehungskrise wächst.
Die Anzeichen einer Beziehungskrise
Natürlich äußerst sich eine Krise nicht in allen Beziehungen mit den gleichen Symptomen, aber einige treten besonders häufig auf, darunter die folgenden:
Fehlende Kommunikation: Wenn wir in einer Beziehung nicht offen miteinander sprechen – egal, ob darüber, was uns gefällt oder nicht – fangen wir an, gegenseitig unser Verhalten zu interpretieren. Da kommt es schnell zu Missverständnissen, unterdrückten Bedürfnissen und verletzten Gefühlen.
Desinteresse: Im Alltagstrott gefangen, neigen wir dazu, uns irgendwann gegenseitig aus den Augen zu verlieren und aneinander vorbeizuleben. Zärtliche Berührungen, Aufmerksamkeiten und Liebesbeteuerungen werden immer seltener und fehlen vielleicht irgendwann ganz, bis einer von uns sich nicht mehr sicher ist, ob er dem anderen noch etwas bedeutet.
Dauerstreit: Nicht selten geraten wir in einen Teufelskreis, der uns immer und immer wieder in einen Streit führt. Meist dreht sich der Konflikt oberflächlich um nichtige Kleinigkeiten wie herumliegende Socken, während innerlich viel tiefere Konflikte brodeln. Doch wenn jeder Lösungsversuch in einen neuen Streit führt, fällt es uns schwer, den Teufelskreis zu durchbrechen. Man nennt dieses Phänomen in der Psychologie auch Zwangsprozess.
Wenig Sex: Mit emotionaler Distanz schleicht sich in viele Beziehungen auch körperliche Distanz ein. Wenn wir kaum noch miteinander kommunizieren, uns ständig streiten und so immer weiter auseinanderdriften, haben wir meist auch nur noch selten Sex. Manchmal ist der Sex auch einfach langweilig geworden. Jede Bewegung und Berührung des Partners ist vorhersehbar und der anfängliche Reiz und die gegenseitige Anziehungskraft lassen immer mehr nach.
Fehlender Respekt: Auch fehlender Respekt zeigt, dass in unserer Partnerschaft etwas nicht in Ordnung ist. Wenn wir uns nicht mehr gegenseitig schätzen und respektieren, laufen wir Gefahr in einer Spirale der Abwertung zu landen. Dann folgt eine Verletzung der anderen, bis wir uns ungerecht behandelt und ungeliebt fühlen.
Stärkere Bindung
Wenn es Dir und Deinem Partner nun wirklich darum geht, Euch nicht zu verlieren und die Beziehung zu retten, dann können die folgenden Tipps dabei helfen:
Akzeptiere Dich selbst
Wenn Du Dich häufig über Dich selbst und Deine Verhaltensmuster ärgerst, überträgst Du das auch auf Deinen Partner und die Partnerschaft. Überlege stattdessen, welche Dinge Du an Deinem Verhalten ändern könnest und wie Du das angehen willst. Und akzeptiere Deine Macken, die Du nicht ändern kannst, denn perfekt ist schließlich niemand.
Communication is key
Rede mit Deinem Partner. Erzähle, was Dich bedrückt, was Dich stört und was Du Dir anders wünschen würdest. Und frage genauso nach seinen Ansichten. So könnt ihr eventuelle Missverständnisse aufdecken und an Eurer Beziehung arbeiten. Versuche dabei Ich-Botschaften zu senden.
Lasst Euch gegenseitig Freiräume
Wenn ihr Tag für Tag 24 Stunden lang aufeinandersitzt, werdet ihr Euch irgendwann gegenseitig erdrücken. Gönnt Euch also kleine Auszeiten voneinander. Umso mehr könnt ihr Euch dann wieder übereinander freuen und die gemeinsame Zeit genießen.
Erinnert Euch an gemeinsamen Momente
Paare, die sich gerade in einer Krise befinden, haben manchmal vergessen, was sie verbindet. Erinnert Euch zusammen an Eure gemeinsamen Erlebnisse, an Eure Geschichte. Blättert in Fotoalben und macht Euch bewusst, welche schönen Momente ihr bis hierhin teilen durftet. Auch schwere Zeiten, die ihr miteinander durchlebt habt, haben Euch bestimmt bereits einander näher gebracht.
Nehmt Hilfe an
Gesteht Euch ein, wenn ihr merkt, dass ihr die Krise nicht allein bewältigen könnt. Das ist absolut keine Schande und kein Grund für Scham. Und es heißt auch nicht, dass Eure Beziehung nicht mehr zu retten ist. Manchmal braucht es einfach Impulse von außen. Manchmal hilft bereits das Gespräch mit engen Freunden, die vielleicht schon Ähnliches durchgemacht haben weiter. In anderen Fällen ist Unterstützung durch eine*n Expert*in in Form eines Paarcoachings notwendig, um den Weg aus der Krise zu finden.
Beziehungskrisen sind nie einfach, aber sie haben das Potential, uns als Individuen und Paare zu stärken. Sie bieten die Möglichkeit, unsere Kommunikationsfähigkeiten zu verbessern, an persönlichem Wachstum zu arbeiten und eine tiefere Bindung zu schaffen. Anstatt Beziehungskrisen als das Ende zu betrachten, sollten wir sie als eine Chance sehen, gemeinsam zu wachsen und eine gesündere, stabilere Beziehung aufzubauen.
Wenn eine Beziehungskrise erfolgreich überwunden wird, kann dies zu einer tieferen und stärkeren Bindung zwischen den Partnern führen. Die gemeinsam durchlebten Herausforderungen können unser Vertrauen und unsere Verbundenheit vertiefen.
Benötigst Du Unterstützung, um herauszufinden wie Du gemeinsam mit Deinem Partner eine Beziehungskrise überwinden kannst? Unsere Sexual- und Paartherapeutin Dipl.-Psych. Nicole Engel unterstützt Euch gern. Hier geht’s zur Terminvereinbarung.
Verfasserin: Jessica Gräfe
Quelle: Flow.