Das Michelangelo-Phänomen: Der prägende Partner
Michelangelo formte einst Skulpturen. Unter anderem meinte er, dass die Bildhauerei ein Prozess sei, bei dem der Künstler eine wunderschöne, verborgende Figur aus dem Steinblock befreit, die in ihm schlummert. Doch was kann dieses Vorgehen mit einer zwischenmenschlichen Liebesbeziehung zu tun haben?
Heute formen sich Partner in einer Beziehung zum Besten
Der Begriff Michelangelo-Phänomen dient heute in der Psychologie dazu, einen zwischenmenschlichen Prozess zu beschreiben. Es wird angenommen, dass sich Liebende in einer Beziehung gegenseitig beeinflussen. Besser gesagt: Sie formen sich gegenseitig – genau so, wie Michelangelo einst seine Skulpturen formte. Die Metapher bzw. der Begriff wurde erstmals durch den US-amerikanischen Psychologen Stephen Michael eingeführt.
Das Michelangelo-Phänomen bezieht sich vor allem auf solche persönlichen Formungen des Partners, die positiv ausfallen. Das unterbewusste Ziel ist es dabei, das ideale Selbst des Partners oder der Partnerin hervorzubringen. Was das ideale Selbst ist, fragst du dich? Dieses Ich-Ideal formt sich im Laufe unseres Lebens und beschreibt unsere eigenen Werte sowie Ziele im Leben, nach denen wir auch unsere Handlungen mehr oder weniger ausrichten.
Greift also der Michelangelo-Effekt, unterstützen sich Partner:innen, um eben dieses ideale Selbst zu erreichen. Einfach gesagt: Sie helfen sich (gegenseitig), eigene Wünsche und Träume zu verwirklichen. Unser:e Partner:in befreit uns aus dem Steinblock, in dem wir schlummern – um bei der Metapher zu bleiben.
Geheimnis einer stabilen Beziehung?
In der Forschung ist man sich einig: Paare, denen es gelingt, sich gemeinsam zu entwickeln, sind oft in hohem Maße zufrieden mit sich und ihrer Beziehung - weil sie sich im Innersten gesehen fühlen. Hier treffen tiefe Liebe, Treue und Vertrauen auf die gemeinsame Möglichkeit, sich selbst weiterzuentwickeln, statt in einer stagnierenden Beziehung festzustecken. Die Bindung in einer guten, partnerschaftlichen Beziehung kann einen fast therapeutischen Charakter haben.
Partner:innen, bei denen dieser Effekt greift, legen vor allem empathische und feinfühlige Eigenschaften an den Tag. Sie wissen einfach, was der oder die andere vom Leben erwartet und unterstützen ganz natürlich bei diesem Streben. Die Liebenden müssen sich hierfür also verdammt gut kennen und einander wohlwollend gestimmt sein. Weiter ist es hilfreich, wenn beide häufiger auf einen Nenner kommen, also grundlegend Gemeinsamkeiten in der Beziehung aufweisen. So fällt das Unterstützen einer bestimmten Sache immerhin auch leichter.
Was nehmen wir also mit? Eine stabile Beziehung beruht darauf, dass man selbst zurückstecken kann und bereit ist, den anderen bedingungslos zu unterstützen. Nicht allein der Beziehung wegen, sondern der Liebe zum anderen Menschen wegen. Wer möchte, dass der/die Partner:in glücklich ist und nicht nur die eigenen Bedürfnisse stets im Blick hat, macht bereits alles goldrichtig.
Lernprozesse eines wunderbaren Miteinanders
Das Aufblühen und gemeinsame Wachsen sind hierbei wesentliche Faktoren. Dabei ist es wichtig die Lernprozesse des anderen zu respektieren, sich selbst zurückzunehmen, das Beste in allem zu sehen und das Gegenüber nicht in eine Richtung zu zwängen. Eine gute Kommunikation ist die Basis. Positive Rückmeldungen und konstruktive (!) Kritik bilden die ideale Bestätigung.
Nicht jeder Mensch kann erkennen, welche Potenziale und Qualitäten im Anderen vorhanden sind. Empathische und feinfühlige Menschen verfügen über diese Fähigkeit mehr als andere. Studien zeigen deutlich, dass Paare, die mit diesen Fähigkeiten ausgestattet sind, besonders glücklich sind und lange zusammenbleiben, im Gegensatz zu Paaren, die weniger feinfühlig und empathisch miteinander umgehen. Paare sollten bestenfalls besonders zu Beginn der Beziehung darauf achten, dass die Unterschiede nicht allzu groß sind.
Ein Paarcoaching hilft zum Beispiel, die Fähigkeit des Feingefühls und der Empathie zu entwickeln mit dem Ziel, das Beste in jedem für ein glückliches Miteinander hervorzubringen. Vereinbare gerne einen Termin hier. Wir freuen uns auf Dich/Euch!
Inspiriert durch: @PsychologieHeute
Verfasserin: Jessica Gräfe