Hochsensibel im Berufsalltag
Das Brötchen knirscht und kracht fürchterlich bei jedem Abbeißen des Kollegen, dazwischen hört man Kauen und Schlucken. Die Kollegin tippt wild auf der Tastatur, die andere schnäuzt sich gerade die Nase. Auf dem Gang klappern Absatzschuhe, nebenan schlägt eine Tür zu, draußen poltert ein LKW vorbei.
Willkommen in der Welt der Hochsensiblen. Was für andere bestenfalls ein Hintergrundrauschen im Büro ist, nehmen Hochsensible alles sehr bewusst, besonders stark und weitgehend ungefiltert wahr. Und das ist wirklich anstrengend. Denn all diese Reize unterbrechen jeden Gedanken und jedes Wort, das man schreibt.
Was macht hochsensible Menschen aus?
Hochsensibilität – teilweise auch Hypersensibilität genannt – kann sich auf alle fünf Sinne auswirken. Hochsensible hören, sehen, riechen, schmecken oder fühlen besonders intensiv. Üblicherweise filtert das Gehirn einen Großteil an Reizen automatisch aus und lässt nur ausgewählte Impulse durch. Bei hochsensiblen Menschen dringt eine viel größere Zahl an Reizen ungefiltert zum Gehirn. Es fehlt quasi ein Spamfilter. Klar, dass das anstrengend ist, weil einfach viel mehr verarbeitet werden muss, denn hochsensible Menschen haben ein hochsensibles, hocheffektiv arbeitendes Nervensystem. Das bringt im Alltag aber besonders auch im Berufsleben viele Herausforderungen mit sich. Etwa 20 % der Menschen sind hochsensibel, sagt die Wissenschaft.
Bei manchen ist es ein einzelner Sinn, der besonders stark reagiert, bei anderen sind es gleich mehrere. Bestimmte Reize werden über die Nerven ungefiltert an die Hirnrinde weitergegeben, und das führt schnell zur Reizüberflutung. Ein Abschalten oder Ausblenden unwichtiger Informationen ist nicht so leicht möglich wie bei „normalen“ Menschen.
Denn: Sie haben eine sehr feine Wahrnehmung, registrieren jede Kleinigkeit, fühlen besonders tief und intensiv und nehmen oft Energien und Gefühle anderer Menschen stark auf, haben demnach auch besondere Antennen für Zwischenmenschliches, können sich besonders gut in andere Personen hineinversetzen und erkennen treffsicher deren aktuelle Stimmungslage anhand von Zwischentönen, die anderen verborgen bleiben.
Da hochsensible Menschen häufig eher introvertierte Menschen sind, die wenig über ihre eigenen Bedürfnisse sprechen, ist es gerade für Kolleg:innen am Arbeitsplatz gar nicht so einfach zu erkennen, wann es für Betroffene zu viel wird, etwa wenn der Lärmpegel im Büro zu hoch oder die Arbeitsbelastung zu groß ist.
Finde die richtigen Rahmenbedingungen im Berufsalltag
Da wir einen großen Teil des Tages am Arbeitsplatz verbringen, kommt den passenden Rahmenbedingungen für Hochsensible eine große Bedeutung zu. Wichtig ist hierbei, dass Hochsensible selbst Reizmanagement betreiben, und zwar, bevor es zu einer Reizüberflutung kommt. Selbstfürsorge ist hier ein wichtiges Stichwort.
Folgende Tipps können hierbei hilfreich sein:
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- Einzelbüros oder Räume mit wenigen Kollegen
- Regelmäßige, kleine Pausen
- Öfter mal kurz die Augen schließen
- Eine Aussicht ins Grüne (was allgemein als beruhigend gilt, wirkt auf Hochsensible noch positiver)
- Homeoffice-Tage
- Ruhige Mittagspausen (z. B. ein Spaziergang)
- Genügend Schlaf.
Wer mehr wahrnimmt und in der Lage ist, viele Faktoren zu vernetzen, spürt negative wie positive Faktoren in der Arbeitswelt stärker und feiner als andere und kann mit Weitblick handeln und denken. Wichtig ist hierbei, dass hochsensible Menschen stets einen wertschätzenden Raum haben müssen, um ihre Arbeitsweisen und Fähigkeiten optimal einbringen zu können.
Benötigst Du noch etwas mehr Unterstützung, um herauszufinden wie Du deine Gabe der Hochsensibilität beruflich besser nutzen kannst? Unsere Coaches helfen Dir gern weiter. Hier geht’s zur Terminvereinbarung.
Verfasserin: Jessica Gräfe