Öfter mal Nein sagen: Im Berufsalltag Grenzen setzen
Der Schreibtisch ist voll mit Unterlagen und auf Deiner To-Do-Liste stehen mehr Aufgaben, als Du schaffen kannst – und dann ruft der zusätzlich jemand an und bittet Dich, eine dringende Aufgabe zu übernehmen. Am liebsten würdest Du in dieser Situation vermutlich Nein sagen. Aber das fällt Dir schwer. Dabei kann ein Nein auch Vorteile bringen. Das Nein hat ein schlechtes Image. Das muss sich ändern.
Immer nur ja zu sagen, bringt Risiken mit sich
Im Job Nein zu sagen, wenn es nötig ist, ist wichtig. Denn wenn sich immer mehr Aufgaben aufladen, läufst Du auf Gefahr, Dich chronisch zu überlasten – was sich negativ, im Sinne des bekannten Stressmodells nach Lazarus, die Anforderungen Deine Ressourcen übersteigen und auf die Qualität Deiner Arbeit und eventuell sogar auf die körperliche und psychische Verfassung auswirkt. Das Nein geht erst mal gegen die menschliche Natur und kostet deshalb Überwindung. Gerade das macht es aber im Berufsleben so wertvoll. Wer Nein sagt, hat sich das vermutlich sehr gut überlegt. Beim scheinbar so hilfreichen Ja ist die Grenze zur Beliebigkeit und Ahnungslosigkeit dagegen schnell überschritten.
Bei Kollegen und Vorgesetzten entsteht dann möglicherweise der Eindruck, dass Du stets verfügbar bist, so dass diese bei Dir unliebsame Aufgaben „abladen“ – und es möglicherweise nicht akzeptieren, wenn Du später doch einmal Nein sagst. Darunter kann auch Dein Selbstbewusstsein sowie Dein Durchsetzungsvermögen im Privatleben leiden – wer sich stets für andere aufopfert, vergisst mitunter seine eigenen Bedürfnisse.
Warum ein Nein so schwer fällt
Wer nicht Nein sagen kann, hat möglicherweise Furcht, dass andere dies negativ aufnehmen könnten. Vielleicht denkst Du häufig, Du wirkst unkollegial, unflexibel, faul, egoistisch – oder überfordert.
Ein weiterer Grund liegt in einer ungesunden Selbstwahrnehmung oder in gesteigertem Perfektionismus. Manche Menschen haben extrem hohe Ansprüche an das eigene Leistungsvermögen. Sie wollen alles schaffen und neigen dazu, sich zu überfordern. Aber: Dein Selbstwert sollte nicht allein von Deinen Leistungen abhängen. Im Gegenteil: Du bist selbst dafür verantwortlich, mit Deinen Ressourcen zu haushalten und zu kommunizieren, wenn Du etwas nicht zusätzlich leisten kannst. Das beugt einer chronischen Überlastung und einem möglichen Burnout vor. Das wäre nicht nur für Dich dramatisch. Auch Dein Arbeitgeber hat Nachteile, wenn Du krankheitsbedingt für längere Zeit ausfallen würdest.
Tipps, um besser Grenzen zu setzen
Natürlich ist es zunächst positiv, wenn Du Dich mit Deiner Arbeit identifizierst und mit Leidenschaft bei der Sache bist. Auch das gibt es häufig heute viel zu selten. Dennoch solltest Du ab und an Nein sagen, wenn es nötig ist.
Alternativen anbieten:
Vielleicht fällt es Dir leichter, Nein zu sagen, wenn Du gleichzeitig eine alternative Lösung vorschlägst. Du kannst zum Beispiel sagen: „Bis nächste Woche schaffe ich die Präsentation nicht, das ist zu knapp. Bis Mitte der übernächsten Woche kann ich es aber gut meistern.“ Vorher macht es meistens Sinn, mit dem Auftraggebenden ein Terminfenster abzustimmen. Häufig sind wir so getrimmt, dass wir denken, alles muss ganz schnell erledigt sein. Dabei stehen manchmal größere Zeitfenster zur Verfügung als gedacht.
Klar kommunizieren:
Manche Menschen haben aus oben genannten Gründen ein schlechtes Gewissen, wenn sie Nein sagen. Das solltest Du nicht haben. Kommuniziere Dein „Nein“ stattdessen freundlich, aber bestimmt. Das wird Deinem Gegenüber nicht vor den Kopf stoßen – im Gegenteil: Wenn Du Deine eigenen Grenzen kennst und setzt, werden andere Menschen diese mit höherer Wahrscheinlichkeit auch respektieren.
Die magischen 3 Ws:
Wer nicht Nein sagt, dem kann es passieren, dass Kollegen ihn (unabsichtlich) ausnutzen. Ein guter Schutz dagegen liegt auch hier in der richtigen Kommunikation – zum Beispiel mit den „3 Ws“. Wenn Du also Gefahr läufst, ausgenutzt zu werden, kommunizierst Du
- wie Du Dich durch das Ausnutzen fühlst („gestresst“, „unfair behandelt“, etc.),
- wie sich das auswirkt (zum Beispiel: „Ich bin überlastet und schaffe meine eigentlichen Aufgaben nicht.“)
- was Du Dir für die Zukunft wünschst (beispielsweise „Lass uns beim nächsten Mal früher miteinander sprechen und die Aufgaben besser verteilen.“).
Das ist deutlich besser, als Ihrer Kolleg*innen vorzuwerfen: „Immer muss ich Deine Aufgaben mitmachen.“
Wie bei Vielem im Leben ist es auch beim Grenzen setzen so, dass es mit etwas Übung leichter wird. Am Anfang hast Du vielleicht noch feuchte Hände und Herzklopfen, wenn Du jemanden einen Wunsch abschlägst. Vertraue darauf, dass es von Mal zu Mal leichter wird – vor allem wenn die negativen Konsequenzen, die Du möglicherweise befürchtest, ausbleiben. Nein zu sagen, schadet auch bei Beurteilungen nicht – im Gegenteil. Ein gut begründetes Nein ist für die Karriere sogar eher förderlich. Denn damit erarbeitet man sich bei Kollegen und Vorgesetzten mehr Respekt, als wenn man einfach alles widerspruchslos hinnimmt.
Haben Dir diese Tipps geholfen, für Dich selbst herauszufinden, wie du professioneller mit Deinen Grenzen umgehen kannst, um auch mal öfter Nein zu sagen? Oder benötigst Du hierbei noch ein wenig Übung? Unsere kompetenten Coaches unterstützen Dich gern dabei. Hier geht’s zur Terminvereinbarung.
Inspiriert durch XING
Verfasserin: Jessica Gräfe