Weak ties: Über das Potential loser Bekanntschaften
Entweder bedauern wir, keine intensiven Beziehungen zu haben oder wir beschäftigen uns mit unserem Freundeskreis und unserer Familie häufig so intensiv, als gäbe es darüber hinaus niemanden. Die Rolle der Menschen, die wir sonst noch so kennen, wird oft übersehen. Dabei sind gerade die losen Bekanntschaften eine wichtige Stütze in unserem Leben - manchmal sogar mehr als unsere engsten Vertrauten.
Schwache Beziehungen erfrischen den Alltag
Einen kleinen Schwatz in der Kaffeeküche mit jemandem, der kein direkter Kollege ist, einen Plausch mit dem Nebenan im Fitnessstudio oder ein Necken mit dem Barkeeper in der Lieblingsbar. Das kennen wir alle. Tatsache ist, dass jeder von uns eine einzigartige Sammlung von bedeutsamen Menschen hat, außerhalb unseres engen Zirkels. Dieser weitere Kreis reicht über langjährige Bekannte bis hin zu Menschen, denen wir nur gelegentlich oder an bestimmten Orten begegnen, aber jeder ist in irgendeiner Weise mit uns verbunden und erfüllt ein bestimmtes Bedürfnis.
Mit all diesen Leuten machen wir keinen Zoom-Call aus oder rufen sie mal an. Oft wissen wir nicht einmal den Namen, zumindest nicht den vollen. Aber gerade schwache Beziehungen bringen neue Ideen und inspirierende Sachverhalte in unseren Alltag. Starke Beziehungen haben wir zu Menschen, die uns ähnlich sind, die einen ähnlichen Alltag haben, zu Leuten, die das Gleiche lesen, dieselben Serien und Filme schauen.
Niedrige Erwartungshaltung
Durch diese Brücken, also losere Netzwerke, kommt Neues und Spannendes in unser Leben. Wir brauchen Abwechslung und neue Informationen. Bei losen Bekanntschaften (auch genannt „weak ties“), sind die gegenseitigen Erwartungen natürlich niedriger als bei engen Beziehungen, was für uns auch wohltuend sein kann. Daher sollten wir den Wert unserer Bekannten nicht unterschätzen, denn Begegnungen mit Leuten, mit denen wir eher lose verbunden sind, gehen mit einem subjektiven Wohlbefinden und Zugehörigkeitsgefühl einher.
Flüchtig und doch so nah
Psychologen haben jahrzehntelang vor allem die wichtige Funktion enger Beziehungen im Blick gehabt, also von Familie, romantischer Partnerschaft und tiefer Freundschaft. Starke und schwache Beziehungen haben jeweils ihren eigenen Nutzen. Doch dann kam die Erkenntnis, dass auch Nachbarn im Hausflur oder am Gartenzaun und Baristas im Café sehr wichtig fürs Wohlbefinden sein können. Der Mensch braucht nämlich Kontakt, und sei er auch noch so oberflächlich. Spontane Begegnungen ohne viel Aufwand tun gut: Sie geben das Gefühl von Miteinander, steigern die kognitive Leistung und schützen vor Stress.
Reden mit Fremden kann glücklich machen
Zudem fand man anhand mehrerer Studien heraus, dass Leute mit einer größeren Zahl an losen Bekanntschaften dazu tendierten, insgesamt zufriedener in ihrem Leben zu sein. Je mehr Interaktion sie mit solchen vermeintlich Fremden hatten, desto glücklicher waren sie.
Es kann also der psychischen Gesundheit helfen, absichtlich jeden Tag mit flüchtigen Bekannten zu reden.
Menschen fühlen sich an den Tagen, an denen sie mehr Bekannte treffen, im Durchschnitt besser als an Tagen mit weniger, flüchtigen sozialen Interaktionen.
Vielleicht könnte ein Coaching genau das Richtige für Dich sein, um herauszufinden, wie Du ein noch stärkeres Gefühl von Miteinander mit anderen Menschen um dich herum aufbauen kannst? Unsere Coaches helfen Dir gern weiter. Hier geht es zur Terminabsprache.
Inspiriert durch: @Psychologie Heute
Verfasserin: Jessica Gräfe