Wie entstehen eigentlich unsere Beziehungsmuster?
Kennst du das? Du bist in einer Beziehung, fühlst dich von deinem Partner nicht verstanden oder bist genervt von dessen Verhalten? Vielleicht denkst du auch dein Partner hat überhaupt keine Gefühle?
Oder bist du schon an dem Punkt, dass du dir nach einem Streit denkst: jetzt hab ich doch ein bisschen überreagiert. Möchtest du das gerne ändern und in solchen Situationen am liebsten die Zeit zurück drehen?
Oft hat man nicht das Glück, in eine glückliche Familie hineinzuwachsen. Und nicht ohne Grund, sagt man dass die Beziehungen in unserer Kindheit unser ganzes Leben prägen und beeinflussen. Hattest du oder dein Partner vielleicht eine schwere Kindheit? Vermutest du schon selbst, dass der Ursprung vieler Diskussionen weit zurück liegt?
Die Bindungstheorie beschäftigt sich mit der Tendenz von Menschen, sich auf enge Beziehungen einzulassen und untersucht die Folgen der unterschiedlichen Ausgestaltungen. In der frühen Kindheit bezieht sich die Bindung meistens auf die Eltern, da das Kind bei diesen Trost und Schutz suchen. Das Ausmaß der Unterstützung durch die Bezugsperson kann sehr unterschiedlich sein, was zur Herausbildung unterschiedlicher Bindungsmuster beiträgt.
Es wird zwischen drei Bindungsmustern unterschieden, die sich auf die Emotionsregulation auswirken:
Das sichere Bindungsmuster:
Fühlt sich das Kind verunsichert oder verängstigt, geht die Bezugsperson sensitiv und unterstützend auf das Kind ein. Die Bezugsperson wird somit als helfend wahrgenommen
und das Kind weiß, dass es auch in Zukunft mit der Unterstützung rechnen kann. Dadurch ist es ihm möglich seine Emotionen effektiv zu regulieren und es lernt schneller dies mit der Zeit auch selbstständig zu tun. Auch als Erwachsene zeigen diese Menschen sich seltener soziale Ängstlichkeit und weniger problemleugnende und vermeidende Bewältigungsstrategien. Außerdem sind sie häufiger und langanhaltender glücklich und suchen häufiger ihre Bezugspersonen beim Erleben positiver Emotionen auf.
Das unsicher-vermeidende Bindungsmuster:
Kinder dieser Bindungsart werden bei der Äußerung negativer Emotionen nicht unterstützt. Die Bezugsperson wird somit als zurückweisend wahrgenommen. Da sie irgendwann keine Hilfe mehr erwarten, drücken diese Kinder ihre negativen Gefühle irgendwann kaum noch aus. Diese Kinder gehen eher dazu über, sich abzulenken. Dadurch, dass jedoch die Auseinandersetzung mit den eigenen Gefühlen vermieden wird, wird die eigene emotionale Erlebnisfähigkeit meist wenig entwickelt. Diese Menschen werden als Erwachsene dann leider öfter als „gefühlskalt“ und „abweisend“ wahrgenommen.
Das unsicher-ambivalente Bindungsmuster:
Diese Kinder sammeln sehr unterschiedliche Erfahrungen mit der Bezugsperson. An einem Tag bekommen sie sehr viel Unterstützung, in der nächsten Situation wieder nicht. Dadurch wirkt die Bindungsperson unberechenbar und diese Kinder zeigen ihre Bindungsbedürfnisse sehr eindringlich und mit gesteigerter Emotionalität, da sie gelernt haben, dass sie nur so die gewünschte Zuwendung bekommen. Oft bekommen sie jedoch nicht das Ausmaß an Aufmerksamkeit, das sie sich wünschen. Als Erwachsene neigen Menschen dieser Bindungsart dann oft zur Dramatik, Überreaktion und zu Übertreibungen, einfach weil sie es so in ihrer Kindheit gelernt haben ans Ziel zu kommen.
Findest du Parallelen zu deiner Kindheit in einer der beiden letzten Beschreibungen? Oder kennst du Geschichten aus der Vergangenheit deines Partners, die darauf schließen, dass er nie oder nur sporadisch die Hilfe bekam, die er als kleines Kind benötigte? Oder weißt du vielleicht nur wenige Details und möchtest seine „Gefühlskälte“ oder „Überreaktionen“ besser verstehen?
Meist ist der einzige Weg nach einem Streit, das klärende, ehrliche Gespräch. Aber anstelle nur über Anschuldigungen oder Erwartungen zu reden, wäre es vielleicht mal an der Zeit auch über Verhaltensmuster zu reden und Erfahrungen aus der Kindheit mit dem Partner zu teilen.
Wenn du und dein Partner zu diesem oder einen anderen Thema Unterstützung benötigt, freuen sich unsere Therapeutinnen und Coaches sehr darauf in einem individuellen Paar-Coaching oder auch im Einzel-Coaching mit euch in den Dialog zu gehen und gemeinsam Lösungen zu finden. Zur Terminvereinbarung geht es hier entlang.
Verfasser: Julia Joachim 11/2020